Gottesdienst für Hörgeschädigte in Erfurt
"Gottes Schätze bewahren und weitergeben"

"Gibt es in einem Gottesdienst für Hörgeschädigte überhaupt einen Chor oder spielt die Orgel?" fragte eine Schwester vor dem Gottesdienst für Hörgeschädigte in Erfurt am 24.9.2017.
Es gab mehr, als wir erwarten konnten. Einen Chor, Orgelspiel, ja sogar einen Kinderchor, der simultan den Text des Liedes übersetzte.
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"Es ist so schön, die besondere Dankbarkeit und Freude in den Augen der Hörgeschädigten zu sehen," sagte Schwester Angelika Platz, eine der Gebärden-Dolmetscherinnen.

Zehn hörgeschädigte Geschwister und Gäste feierten den Gottesdienst gemeinsam mit den Geschwistern der Gemeinde Erfurt. Priester Steffen Förster aus Arnstadt leitete den Gottesdienst.

 

Als Grundlage für den Gottesdienst verlas Priester Förster das Bibelwort aus 2.Korinther 4,7:
"Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen, auf dass die überschwängliche Kraft von Gott sei und nicht von uns."

Das Evangelium ist ein Schatz, den wir bewahren wollen. Wir sind aufgerufen, das Evangelium zu verkünden, indem wir
           ■ unsere Entscheidungen am göttlichen Willen ausrichten.
           ■ dem anderen Liebe und Gnade erweisen.
           ■ uns bemühen, wie Jesus zu lieben, zu dienen, zu siegen.

 

Priester Dieter Schwenda wurde um einen Predigtbeitrag gebeten. "Hörgeschädigte lesen die Worte vom Gesicht ab. Die Gebärden dienen lediglich der Unterstützung. Daher ist es wichtig, die Menschen anzusehen."

Beide Priester übersetzten simultan die Predigt in die Gebärdensprache.

"Das erfordert gerade für uns einfache Menschen höchste Konzentration. Manchmal vergessen wir in der Aufregung, weiter zu übersetzen," sagte Priester Förster nach dem Gottesdienst. "Die hörgeschädigten Geschwister und Dolmetscher/innen helfen gern bei unbekannten Wörtern."

 

Die Lieder werden langsamer gesungen, damit sie simultan übersetzt werden können. Der Chor wartete bis die Dolmetscherin den Liedtext übersetzt hatte. Die Predigt wird mit einfachen Sätzen gesprochen. Alles geschieht etwas langsamer, aber wesentlich intensiver, als gewohnt.

Das Lied aus dem Gesangbuch Nr.113 "Wie lieblich ist es Sonntags früh" wurde von der gesamten Gemeinde ohne musikalische Untermalung allein in der Gebärdensprache "gesungen".

 

Eine ganz besondere Freude bereitete der Kinderchor der Gemeinde Erfurt mit einem Lied, dessen Text sie mit Gebärden während des Singens darstellten. Zum Dank applaudierten die Geschwister in der Gebärdensprache.

Priester Steffen Förster berichtete, dass alles vor 10 Jahren mit einem Missverständnis angefangen hat. Er und seine Frau wollten im Urlaub den Gottesdienst in Erfurt besuchen, da dieser erst um 11:00 Uhr begann. So konnten sie etwas länger schlafen. Erst im Gottesdienst erkannten sie, dass es der erste Gottesdienst für Hörgeschädigte im Kirchenbezirk Erfurt mit Bischoff Rainer Knigge aus Hannover ist. Daraufhin erlernte er die Gebärdensprache und ist seitdem als ehrenamtlicher Gebärdendolmetscher für unsere Kirche tätig.

 

Nach dem Gottesdienst bedankten sich die Hörgeschädigten stellvertretend bei Evangelist Rainer Bley bei der Gemeinde mit einem selbstgebastelten NAK-Symbol.